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Creative AI
Prof. Peter Kabel Donnerstag, 17. August 2023 von Prof. Peter Kabel

Revolution in der Kreativindustrie und Aufmerksamkeitsökonomie

Creative AI

Generative Künstliche Intelligenz sorgt derzeit für ein Beben in der Kreativindustrie. Maschinen sind mittlerweile nicht nur dazu in der Lage, Inhalte wie Texte, Bilder, Videos und Musik zu erstellen, sondern dies auch in einer Qualität zu tun, die oft selbst professionellen Maßstäben genügt. Viele Marktteilnehmer und -Beobachter popagieren daher eine recht dystopische Weltsicht und prophezeien eine Welt ohne Kreativberufe, Agenturen und Medien. Eine Sicht, die ich ausdrücklich nicht teile.

Tatsächlich wird es unweigerlich zu massiven Veränderungen in vielen Berufen der Kreativindustrie kommen. Jobs von zum Beispiel Autoren, Designern, Musikern, Fotografen aber auch von Produkt- und Modedesignern sowie Architekten werden sich fundamental ändern. In einer Welt, in der Inhalte mit minimalem finanziellem Einsatz erstellt werden können, wird es zu einer Überflutung von Medieninhalten und Kreativ-Output kommen. Das Erstaunliche: Viele dieser CreativeAI-Tools sind so benutzerfreundlich, dass nicht nur Profis, sondern auch Laien sie nutzen können. Ja, es entstehen derzeit in schneller Folge viele Werkzeuge und Apps, die vor allem auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten von Nicht-Profis zugeschnitten sind. Auf diese Weise können auch Amateure durch Erstellung von Medieninhalten mit Profis in den Wettbewerb um das wertvollste Gut treten - die Aufmerksamkeit. Ein Phänomen, das nicht vollkommen neu ist, denn bereits mit dem Aufkommen von Social Media hat sich die Gewichtung verschoben und Aufmerksamkeitsökonomie wurde von User Generated Content bestimmt. Aber nun mit Creative AI wird dies einen neuen Höhepunkt erleben.

Während in der Social Media Ära Menschen Inhalte schaffen, die von Algorithmen optimiert verbreitet und ausgewählt werden, werden wir schon in Kürze erleben, dass künftig Maschinen auch Inhalte und künstlerische Artifakte erstellen und Maschinen diese Inhalte weiterhin gezielt in die Timelines und Aufmerksamkeitszonen der Menschen und Konsumenten platzieren. Durch die automatisierte Inhalte-Erstellung, die in vielen Fällen sogar in Echtzeit durchführbar sein wird, werden Optimierungs- und Feedback-Schlaufen möglich, die mithilfe ungekannter Personalisierung, wertvolle Aufmerksamkeit auf sich zieht und erstaunliche Kommunikationserfolge erzielen können wird.

Der Kampf um Aufmerksamkeit intensiviert sich

Mit der steigenden Anzahl generierter Inhalte wird auch der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Menschen erheblich steigen. Der Kosten- und Zeitvorteil maschineller Produktion ist offensichtlich: Inhalte können zu minimalen Grenzkosten und ohne zeitliche Verzögerung generiert werden. Das Verschwinden technischer und finanzieller Barrieren ermöglicht es in vielen Fällen vollautomatisch und ohne menschliches Zutun brauchbare Medieninhalte zu erstellen. Einfache Aufgaben, die bisher von Menschenhand durchgeführt wurden, wie Produktbeschreibungen, Übersetzungen oder Hintergrundmusik, werden bald vollständig automatisiert werden.

Natürlich hat diese Explosion an Inhalten eine Kehrseite. In einer Welt, in der die Menge an verfügbaren Medieninhalten exponentiell wächst, während die Zeit, die der Einzelne für den Medienkonsum zur Verfügung hat, weitgehend konstant bleibt, wird der Wettbewerb um die ungeteilte Aufmerksamkeit der Konsumenten intensiver denn je: Maschinen, Amateure, Profis – alle werden zu Akteuren in diesem Kampf.

Daher geht es nicht nur um Quantität; die Qualität der Arbeit wird den Unterschied ausmachen. Um sich in diesem Tsunami von Inhalten zu behaupten, wird es unabdingbar, herausragende Kommunikationsmittel und -strategien und genau passende Inhalte und Konzepte zu entwickeln.

Mensch vs. Maschine: Wer bringt die Innovation?

Trotz der beeindruckenden Fähigkeiten der generativen AI gibt es Bereiche, in denen sie noch an ihre strukturellen Grenzen stößt. Die verblüffenden maschinellen Fähigkeiten sind die Folge des maschinellen Lernens, bei denen Maschinen alle Inhalte der Kulturgeschichte verarbeiten und zu neuen Inhalten synthetisieren. Echte und brauchbare Innovation, die Überraschung und emotionale und faktische Relevanz kombiniert, erfordert allerdings tiefgehendes kulturelles und vor allem auch emotionales Verständnis – Qualitäten, die bisher nur der Mensch besitzt. Eine Fähigkeit, die -nach meiner Einschätzung- auch noch sehr lange Menschen vorbehalten bleiben wird.

Derzeit wird viel über die Kraft der "Prompts" gesprochen – einfache vermeintlich natürlich-sprachige Anweisungen, die dazu führen, dass AI beeindruckende kreative Arbeiten produziert. Die Kunst, diese Prompts zu erstellen, wird als "Prompt-Engineering" bezeichnet. Da es sich tatsächlich in Teilen um eine künstlerisch-kreative Fähigkeit handelt, bevorzuge ich den Begriff „Prompt-Crafting“. Einige glauben, dass diese Fähigkeit nur eine Zwischenstation ist und bald durch noch fortschrittlichere AI-Modelle ersetzt wird, die es noch leichter macht, kreative Arbeit zu verrichten.

Das ist sicherlich richtig. Gleichzeitig aber ist es aus meiner Sicht wahrscheinlich, dass professionelle Kreative auch weiterhin Kontrolle über das Wirken der AI-Modelle behalten wollen, um die geforderten aufmerksamkeits-starken Überraschungen und Innovationen schaffen zu können. Das tiefe Verständnis von menschlichen Kulturen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Anforderungen und die vielfältigen Besonderheiten einer jeden Kreativaufgaben, werden weiterhin von Menschen in die Gleichung eingebracht und möglichst differenziert und kontrolliert Maschinen zur Umsetzung übergeben. Kontrolle ist wirkungsvoller, als Ease-of-Use.

Die Gewichtung verschiebt sich

„Mit KI-Werkzeugen können auch Amateure -durch Erstellung von Medieninhalten- mit Profis in den Wettbewerb um das wertvollste Gut treten: die Aufmerksamkeit.“

Professor Peter Kabel

Vom Mangel zum Überfluss

In der zukünftigen Kreativindustrie wird die Rolle des Menschen darin bestehen, die kreative Vision zu definieren und den Maschinen klare, umfassende Anweisungen zu geben. Die AI wird dann diese Anweisungen befolgen und eine Fülle von Arbeitsergebnissen liefern. Es liegt dann am Menschen, diese Ergebnisse zu kuratieren und die besten auszuwählen.

In der Vergangenheit stellten nicht selten der Mangel an Zeit, technischen Fähigkeiten und anderen Ressourcen eine wesentliche Triebkraft für Kreativprozesse dar. Das durch praktische Widerstände und Unmöglichkeiten erzeugte Unvermögen, erforderte nicht selten kreative und praktische Umwege, die häufig die besseren Lösungen darstellten. Jeder im Kreativ-Feld Tätige kennt dieses Phänomen. Die Fähigkeit der AI, eine nahezu unendliche Anzahl von Variationen in kürzester Zeit zu produzieren und der Möglichkeit alles auch nur ansatzweise Denkbare zu erschaffen, führt zu einer neuen Herausforderung für Kreative. Statt in einem vertrauten Umfeld des Mangels zu arbeiten, müssen sie nun lernen, mit Überfluss umzugehen, was ebenfalls einen Paradigmenwechsel bedeutet, mit dem Kreative zurechtkommen müssen. Ein Dilemma, das nicht nur in der Erstellung endgültiger Medien und Arbeitsergebnisse, sondern auch in den vorangehenden Phasen der Ideenfindung -in der GenerativeAI auch als unermüdlicher Sparringspartner zum Einsatz kommt- in Erscheinung treten wird.

Ethik und Verantwortung, Echtheit und Authentizität

Mit der Fähigkeit von KI, massenhaft Inhalte zu generieren, steigt auch die Gefahr von Fehlinformationen oder unerwünschten Inhalten. Wer übernimmt die Verantwortung für von KI erstellte Inhalte, die Schaden anrichten könnten? Wie können wir verhindern, dass Konsumenten durch ungekannte Personalisierung übermäßig manipuliert werden, ohne dies überhaupt erkennen zu können? Fragen mit der sich die Kreativindustrie proaktiv auseinandersetzen muss, um letztlich glaubwürdig bleiben zu können.

Die Gesellschaft wird lernen müssen damit umgehen zu können, dass synthetisch erzeugte Inhalte – die heute häufig als Fake bezeichnet werden – nicht die Ausnahme, sondern die Regel darstellen: „Fake bei Default“. Eine häufig geforderte Kennzeichnung, oder Kennzeichnungspflicht von synthetischen Inhalten ist einigermaßen realitätsfern. Nicht nur, dass es schwer ist vorzustellen, wer solche Gebote überwachen sollte. Das Problem beginnt ja schon darin, dass Inhalte zunehmend nicht entweder von Menschen oder Maschinen geschaffen werden, sondern in einem Zusammenspiel zwischen Menschen und Maschinen und daher nicht eindeutig zuordenbar sind.

Was wird der Wert echter, ausschließlich menschlich geschaffener Kreativleistung in einer Welt, in der Maschinen kreativ produzieren, sein? Wird es eine Renaissance der handgemachten Kreativität geben, die sich als Gegenreaktion zur maschinell generierten Kunst entwickelt? Vermutlich wird es dazu kommen, es ist aber fraglich welche wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung derartige Medienproduktion haben kann, angesichts der massiven Skalierung durch Generative AI im Gesamtmarkt.

Fake bei Default

„Die Gesellschaft wird lernen müssen damit umgehen zu können, dass synthetisch erzeugte Inhalte – die heute häufig als Fake bezeichnet werden – nicht die Ausnahme, sondern die Regel darstellen“.

Professor Peter Kabel

Ausbildung und Weiterbildung

Noch ist vollkommen offen, welche Veränderungen sich im Bereich Aus- und Weiterbildung ergeben. Natürlich müssen Kreative in der Nutzung komplexer AI-Tools unterwiesen werden. Es liegt daher nahe, eine Abschaffung von traditionellen Techniken und Methoden zugunsten der rein AI-Computer-basierten zu fordern. Bedenkt man aber die menschliche Rolle im Zusammenspiel und die geforderte Fähigkeit, komplexe und umfassende Briefings und Aufgaben für die Maschinen zu erzeugen, erscheint es im neuen Setup wichtig, dass gerade traditionelle Kompetenzen – die Fähigkeit Farben, Formen und Komposition schlüssig beurteilen zu können – wichtig bleiben. Die Kenntnis von Kulturgeschichte und die Fähigkeit gewünschte kulturelle Zitate aus Hoch- oder Popkultur auch treffsicher benennen zu können ist ebenso bedeutend und kann nicht einfach vernachlässigt werden. Ebenso werden Kreative noch stärker als heute ein gründliches Verständnis gesellschaftlicher, sozialer und wirtschaftlicher Zusammenhänge in ihre Zusammenarbeit mit AI-Modellen einbringen müssen, als dies bislang nicht selten der Fall ist. So ist es vermutlich daher eher wichtig die Palette der Fähigkeiten in Ausbildung zu erweitern, als einzuschränken. Die Anforderungen an professionelle Kreative werden sprunghaft steigen.

Wenn zunehmend Maschinen einfache und wenig komplexe Aufgaben übernehmen, die derzeit häufig von Menschen am Beginn ihrer Berufslaufbahn ausgeführt werden, ergeben sich auch neue Karriere-Pfade. Wie der Einstieg in Unternehmen gelingen kann, wenn die Basis, gewissermaßen die ersten Stufen der professionellen Leiter, fehlen, ist noch nicht klar, wird aber von Unternehmen schon in Kürze beantwortet werden müssen. Ebenso werden Unternehmen mit großen Belegschaften Antwort auf die Verunsicherung unter ihren Mitarbeitern finden müssen, die die hier beschriebenen Veränderungsdynamiken ergeben, wenn die Transformationsphase überhaupt überlebt werden soll.

Diversität und KI-Bias

KI-Modelle lernen von den Daten, mit denen sie gefüttert werden. Werden die von KI erstellten kreativen Werke die Vielfalt und Unterschiedlichkeit menschlicher Kreativität widerspiegeln, oder besteht die Gefahr, dass sie Stereotypen und Vorurteile weiter verstärken? Viele der derzeit stark beachteten generativen AI-Modelle sind leider außerordentlich intransparent. Mit welchen Datensätzen Open.ai sein Sprachmodell GPT trainiert hat, ist öffentlich nicht bekannt. Welche Methoden des Finetunings Anwendung finden und aus welchen Gründen, gibt das Unternehmen nicht bekannt. Genauso verhält es sich mit vielen anderen Modellen – beispielsweise dem bekannten Bildgenerator Midjourney. Diese Intransparenz ist außerordentlich problematisch. Nicht nur, weil eine gesellschaftlich-politische Kontrolle dadurch unmöglich ist, was erhebliche Gefahren mit sich bringt. Auch ist es auf diese Weise für Kreative nicht einfach möglich, die ungewollte Wiederholung von ästhetischen Mustern zu vermeiden, die im Bemühen um Exzellenz -im Kampf um Aufmerksamkeit- notwendig ist.

Die Kreativindustrie steht vor einer Umwälzung, der alle Akteure –die Kreativen selbst, aber auch Agenturen und Medienplattformen, sowie die Auftraggeber- ausgesetzt sind. Es steht außer Frage, dass diese Umwälzung nicht nur Gewinner, sondern auch Verlierer kennen wird und auch viele gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Fragen aufwerfen wird, die heute noch nicht abschließend geklärt sind. Diejenigen, die sich rasch und unvoreingenommen diesem Wandel stellen und versuchen ihre Strategie und aktuelle Tätigkeit umfassend anzupassen, werden zu den Gewinnern zählen. In der neuen Ära gilt es beides zu tun: Generative-AI-Technologie einsetzen, als die eigenen und weiterhin einzigartigen menschlichen Fähigkeiten einbringen. Es steht außer Frage, dass die Kreativindustrie eine spannende Zukunft vor sich hat und weiterhin einen entscheidenden Beitrag in der Aufmerksamkeitsökonomie spielen wird.


Unser Gastautor

Peter Kabel

Prof. Peter Kabel

Peter Kabel ist Gründer zahlreicher Unternehmen (u.a. Kabel New Media, Trendbüro und Büro Hamburg), Professor an der HAW Hamburg und hat die Onlinewelt von Beginn an begleitet. Von 2004 bis 2007 war er Vorstandsmitglied der Jung von Matt AG. Er ist Gründer der Plattform cogniWerk.ai, die Generative KI-Modelle für die Kreativwirtschaft verfügbar macht, Gründungsgesellschafter des VC-Unternehmens Lakshmi GmbH und Investor in über 30 digitalen Unternehmen in Europa, USA und Indien.

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