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Abhängigkeiten und Monopole
Dr. Michael Gebert Sonntag, 10. März 2024 von Dr. Michael Gebert

Kritische Reflexion zur KI-Euphorie

Abhängigkeiten und Monopole

Die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz, insbesondere der generativen KI, hat eine Goldgräberstimmung in der Technologiebranche ausgelöst. Getrieben von den boomenden Cloud-Geschäften investieren Big-Tech-Unternehmen wie Microsoft, Amazon und Alphabet Milliardenbeträge in den Ausbau ihrer Server-Kapazitäten und den Einsatz von KI. Die Nachfrage nach leistungsfähiger Hardware wie Grafikprozessoren (GPUs) steigt sprunghaft an. Hersteller wie Nvidia und AMD können sich vor Aufträgen kaum retten. Nvidia hat innerhalb eines Jahres den Börsenwert verdreifacht. Der Aktienkurs schoss nach den jüngsten Quartalszahlen binnen eines Tages um 72 Milliarden Dollar nach oben.

Auch weniger bekannte Player wittern ihre Chance auf einen Teil des Kuchens. Start-ups wie Anthropic, Cohere oder You.com sammeln in rascher Folge Mega-Finanzierungsrunden in Höhe von hunderten Millionen Dollar ein. Sogar Branchenriesen wie Amazon und Microsoft, die eigentlich Konkurrenten sind, schließen punktuell Allianzen, um die Gunst der Stunde für sich zu nutzen. Diese enorme Innovationsdynamik ist faszinierend. Sie lässt einen Hauch des Goldrausches vergangener Zeiten spüren. Mit dem California Gold Rush von 1848/1849, der hunderttausende Glücksritter anlockte, gibt es dabei durchaus Parallelen.

Damals wie heute schürten neue Technologien die Hoffnung auf schnellen Wohlstand. Die realen Erfolgsgeschichten von Minen-Besitzern und Tech-Pionieren ließen viele den mühsamen Alltag hinter sich lassen und alles auf eine Karte setzen. Scharenweise strömten sie zu den vermeintlichen Quellen des Glücks. So wie seinerzeit einige wenige Bonanzas tatsächlich sagenhafte Reichtümer ans Tageslicht förderten, generieren heute ebenfalls nur wenige Auserwählte in der KI-Branche die ganz großen Gewinne. Für die breite Masse bleibt oft nicht mehr als der Traum von Ruhm und Reichtum.

El Dorado und die Schattenseiten der Goldgräberstimmung

Doch die rasante KI-Expansion hat auch ihre Schattenseiten. Hinter der dynamischen Fassade verbergen sich Konzentrationstendenzen, die auf Dauer der gesamten Branche schaden können. Die Wertschöpfung rund um die KI-Revolution - von den Chip-Designs über die Fertigung bis hin zu den Cloud-Anwendungen - liegt weitgehend in den Händen weniger Schlüsselunternehmen. Sie kontrollieren die komplexe Produktions-Pipeline und sind gleichzeitig voneinander abhängig wie auch Konkurrenten.

Diese Gemengelage ist nicht ungefährlich. Jeder versucht, die eigene Machtposition auszubauen und sich exklusive Vorteile zu sichern - sei es durch neue Partnerschaften, Zukäufe von Start-ups oder einfach finanzielle Übermacht durch Milliardeninvestitionen. Die zentrale Triebfeder ist der Machterhalt. Doch auf Dauer mindert diese Atmosphäre des Misstrauens und der Rivalität die Innovationsfähigkeit der gesamten Branche. Es kommt zu Verkrustungen, angefangen von den Designs der Schlüsselkomponenten über die Fertigung bis hin zu den Anwendungen. Überkommene Strukturen werden zementiert, Querdenker haben es schwer.

Die Analogie zum Goldrausch zieht auch an dieser Stelle: Wie damals wenige finanzstarke Akteure die lukrativsten Claims absteckten und unter Ausschluss der Öffentlichkeit abbauten, dominieren heute einige Super-Konzerne die KI-Entwicklung. Sie bauen ihre Burggräben um die Filetstücke der Wertschöpfung immer höher - durch Patente, Beteiligungen oder schlicht Marktbeherrschung. Für Newcomer und Querdenker bleiben so nur noch die weniger ertragreichen Nischen. Die großen Gewinne aber werden unter wenigen Aufsteigern aufgeteilt, die sich gegenseitig die lukrativsten Claims streitig machen. Auf neuen Ideen und Zusammenarbeit fußende Win-Win-Situationen kommen viel zu selten zustande.

Wo Zusammenarbeit endet und Rivalität beginnt

Die skizzierten Entwicklungen zeigen sich gerade besonders deutlich in der Beziehung zwischen den führenden Playern:

  • NVIDIA und seine Großkunden
    Die Liste der NVIDIA-Kunden liest sich wie das Who-is-Who der Tech-Branche: Angefangen bei Microsoft (Umsatzanteil 20%), über Meta (13%), Amazon (7%), Alphabet bis hin zu Tesla oder Adobe. Sie alle treiben ihre KI-Projekte mit Nvidias Grafikchips voran und liefern so Milliarden-Einnahmen. Doch die Abhängigkeit ist gegenseitig: Nvidia profitiert massiv von den KI-Investitionen dieser Big Player, allen voran Microsoft. Sie machen zusammen über 50 Prozent des Nvidia-Umsatzes aus. Ein Nachfrageeinbruch seitens der Großkunden könnte Nvidia schnell in Bedrängnis bringen. Umgekehrt sind die Cloud-Riesen aber auch auf eine reibungslose Belieferung mit Chips angewiesen. Ein Ausfall der Produktion würde ihre Wachstumspläne empfindlich treffen. Entsprechend groß sind die Anstrengungen, die Lieferketten zu diversifizieren. Allen voran Microsoft, das seine Partnerschaft mit Intel als "Backup" für die Zukunft deutlich ausbaut.

  • NVIDIAs Abhängigkeit von den Auftragsfertigern
    Auf der anderen Seite profitiert NVIDIA massiv von TSMC und anderen Chip-Auftragsfertigern, die einen Großteil der Produktionskapazitäten kontrollieren. Deren schnelle, profitable Ausweitung der Fertigung ist entscheidend für NVIDIAs Wachstumsaussichten. Doch vollständig von TSMC und Samsung abhängig sein will NVIDIA auch nicht. Daher die Annäherung an Intel als weitere Produktionsoption. Auch wenn Intel derzeit noch hinterherhinkt, versucht NVIDIA hier seine Lieferoptionen für die Zukunft offenzuhalten.

  • TSMCs Expansionspläne
    TSMC selbst treibt unterdessen seine weltweite Expansion mit Hochdruck voran, um der überbordenden Chip-Nachfrage Herr zu werden. In Arizona und Japan eröffnete der Konzern gerade neue Flaggschiff-Fabriken, eine dritte soll in Deutschland hinzukommen. Die Standortwahl folgt dabei auch geopolitischen Motiven: Die Fertigung soll global gestreut, die Abhängigkeit von einzelnen Weltregionen verringert werden. Zudem sichern sich Europa und die USA den Zugang zur Schlüsseltechnologie Chipproduktion. Mit Milliarden Subventionen locken sie TSMC, auch um die heimische Wirtschaft zu stärken.

  • Microsoft setzt auf Intel
    Microsoft bewegt sich mit selbstbewussten Schritten über mehrere Ebenen der Wertschöpfungskette: Als Anwender und damit Nachfrager, als Hersteller eigener Chips und nicht zuletzt als Cloud- und Software-Anbieter. Entsprechend vielschichtig ist auch Microsofts Verhältnis zu Partnern wie Intel, NVIDIA oder TSMC. Einerseits ist man aufeinander angewiesen, andererseits zunehmend Konkurrenten. Diese Doppelrolle birgt Spannungspotenzial. So ist die jüngste 15-Milliarden-Dollar-Vereinbarung zwischen Microsoft und Intel einerseits ein klares Commitment zur Partnerschaft, um die gegenseitigen Geschäftsfelder zu stärken. Gleichzeitig ist es aber auch der Versuch Microsofts, die eigene Verwundbarkeit in der Lieferkette zu reduzieren. NVIDIA bleibt zwar Hauptlieferant, mit Intel als Backup kann Microsoft nun aber zusätzlichen Druck aufbauen und Preise verhandeln. Und Intel selbst erhält über Microsofts Cloud-Nachfrage Planungssicherheit für den Ausbau der Produktion. Eine Win-Win-Situation, die jedoch auch ein gewisses Maß an Rivalität zwischen zwei Riesen beinhaltet.

Risiken und Gefahren am Horizont der Möglichkeiten

Das komplexe Beziehungsgeflecht zwischen Partnern, Zulieferern und Konkurrenten in der KI-Branche gleicht einem Minenfeld. Die Abhängigkeiten sind mannigfach, die Machtverteilung asymmetrisch. Vertrauen und Kooperation sind rar gesät, Misstrauen und Vorbehalte überwiegen. Diese Gemengelage aus Unsicherheit und Kontrolldrang ist nicht ungefährlich. Schon kleinere Störungen können, ähnlich wie der Butterfly-Effekt, eine Kettenreaktion mit weitreichenden Folgen auslösen:

  • Lieferengpässe, etwa bedingt durch Lockdowns, Materialmangel oder Transportprobleme, könnten die Produktionspläne empfindlich durcheinanderwirbeln.

  • Qualitätsprobleme, die etwa bei der TSMC-Fertigung oder in NVIDIAs Chip-Designs auftreten, setzen sich durch die ganze Lieferkette fort.

  • Sanktionen oder Handelsbeschränkungen im Zuge geopolitischer Verwerfungen legen die Hightech-Branche lahm.

  • Überreaktionen der Börse auf schlechte Quartalszahlen lassen die Aktienkurse ganzer Unternehmensgruppen abstürzen und zerstören Milliarden an Marktkapitalisierung.

Solche direkten Schockwellen für die Realwirtschaft sind schlimm genug. Noch gefährlicher sind langfristige Vertrauensverluste zwischen Partnern oder ganzen Weltregionen. Finden asiatische, amerikanische und europäische Player beispielsweise nicht zu kooperativen Formen mit fairen Spielregeln, könnten sich dauerhafte Gräben auftun - mit unabsehbaren Folgen für Wohlstand und Innovation.

Klare Spielregeln für die KI-Revolution sind gefordert

Die skizzierten Risiken machen deutlich: Die aktuelle Goldgräberstimmung in der KI-Branche ist trügerisch. Auf lange Sicht braucht es andere, kooperativere Kooperationsformen, die allen Beteiligten Vorteile bringen und das Innovationspotenzial optimal nutzen. Microsofts CEO Satya Nadella brachte es kürzlich auf den Punkt: "Wenn die Welt die transformative Kraft der KI nutzen will, müssen wir diese Technologie verantwortungsvoll entwickeln, bereitstellen und nutzen."

Verantwortungsvoll heißt auch: Kluge Regeln und Anreize setzen, um Machtkonzentration und übermäßige Abhängigkeiten zu verhindern. Weder die Dominanz einzelner Super-Konzerne noch protektionistische Abschottung sind zielführend. Die Politik ist gefordert - sei es durch Kartellrecht, Investitionsauflagen oder auch gezielte Förderprogramme für Newcomer - für faireren Wettbewerb und Vielfalt zu sorgen. Die EU, die bei der Chip-Produktion den Anschluss zu verlieren droht, muss hier ebenso initiativ werden wie die USA oder China. Nur wenn es gelingt, der KI-Euphorie auch bei realwirtschaftlichen Schlüsseltechnologien wie der Chipproduktion ihre naiven Züge zu nehmen, kann das volle Potenzial dieser Revolution gehoben werden. Sonst droht der Kater nach dem Rausch umso heftiger auszufallen.


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